Die Einwanderungsbombe
Die Papierausgabe des Figaro, vom 2. September 2016, könnte aus der Druckerpresse einer psychiatrischen Klinik kommen, in der Patienten und behandelnde Ärzte sich gleichberechtigt äußern, aus einer kleinen, von Unbilden abgeschotteten Welt, die nur sporadisch und in homöopathischen Dosen dem Geschehen des wirklich wahren Lebens ausgesetzt wird, das allerdings von Politikern durchsetzt ist, die man umgehend in die Klapsmühle einweisen sollte.
Illegale Einwanderung : die Abschiebungen im freien Fall. Immigration clandestine : les expulsions en chute libre. Von Januar bis Juni 2016 gebe es laut einem dem Figaro vorliegenden vertraulichen Dokument der Regierung knapp 20% weniger Abschiebungen als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Das ist Thema mit Variationen des Figaro-Journalisten Jean-Marc Leclerc. Eine Graphik verdeutlicht in Zahlen und Prozenten die Lage, die sich ständig verschlimmert:
Rückkehr von Illegalen aus dem Nicht-Schengen-Raum, Rückführung an die Grenze, Hilfe an freiwillige Rückkehrer, unaufgeforderte Rückkehrer, alles im freien Fall. Es handelt sich um 8 660 Asylbewerber im Vergleich zu 10 800 im Vorjahr. Dieses Ergebnis wird auf zwei Seiten dargestellt. Weitere Überschriften:
Le nombre de demandeurs d'asile issus d'Afghanistan a bondi en cinq mois… de 964 %!
Die Zahl der Asylbewerber aus Afghanistan ist in fünf Monaten angestiegen ... um 964%!
Immigration: "On n'a jamais connu une telle situation de tension"
Einwanderung: "Niemals hat man eine solche Situation der Anspannung gekannt"
Bei den Afghanen geht es um den Anstieg der Asylbewerberzahl von 218 auf 2 319, ebenfalls kaum zu Buches schlagend. Der andere Beitrag handelt vom Druck, den Tausende von asylsuchenden Eriträern und Sudanesen an der Grenze von Italien und Frankreich ausüben, in der sehr unübersichtlichen Gegend von Menton. Dazu weiß derselbe Jean-Marc Leclerc, im Figaro, am 24. Mai 2016:
"Der Einwanderungsdruck verschärft sich. 20 000 Asylbewerber wurden in den ersten drei Monaten vom Office français pour la protection des réfugiés et des apatrides (Ofpra) registriert, vom Französischen Amt für den Schutz von Flüchtlingen und Heimatlosen/Staatenlosen, gegen etwas mehr als 17 000 in den ersten drei Monaten 2015, was mit 16% Anstieg das Jahr aller Rekorde bedeutet."
Interviewt wird jetzt der Nationale Sekretär der Alliance Olivier Hourcau, dessen Gewerkschaft hauptsächlich die Unteroffiziersränge und das Wachpersonal vertritt. Die Rückführung sei zweitrangig geworden in Anbetracht des Ansturmes großer Massen von Eindringlingen an der Grenze. Es leide darunter ebenso die Bekämpfung der Schleuserringe.
Ich bin mehrfach über die italo-französische Grenze gewandert, es ist nichts leichter als das!
Für 2016 werden zusätzliche 100 000 Asylbewerber in Frankreich erwartet, liest man derweil im Leitartikel des Yves Thréard. "Die Politik der Angela Merkel "ist langfristig nicht durchzuhalten", erklärt Premierminister Manuell Valls, im Februar, berunruhigt darüber, daß sie den Flüchtlingen des Nahen Ostens Tür und Tor öffnet. Er sollte sich allerdings bei seiner Hellsichtigkeit mehr um Frankreich kümmern, wo sich gegenwärtig eine Einwanderungsbombe bildet, meint der Leidartikler.
Die Bürger von Calais, ihrer Bereicherung ausgesetzt!
À ceux qui marchent sur la tête ... Ça suffit ! An diejenigen, die auf dem Kopf gehen ... Das reicht!
Die viele Seiten lange Erörterung des Problems der illegalen Einwanderung entgegen genommen, geht's auf Seite 7 "International" weiter mit Freund Philippe Gélie, der nach einigen Tagen der Besinnung endlich wieder zu seiner bewährten Masche der Denunzierung des Donald Trump zurückgefunden hat. Ich hatte das schon vermißt!
Wie staunt man über seine Berichterstattung zum Problem der illegalen Einwanderung!
Für das, was seine Kollegen bejammen, nämlich das Fehlen einer Politik zur Beendigung der illegalen Einwanderung, wird Donald Trump in den Boden gestampft. Er erklärt, und Philippe Gélie kann seine Empörung nicht verbergen: "Quiconque est entré aux États-Unis illégalement ... est sujet à déportation."
"Wer immer die USA illegal betreten hat ... unterliegt der Deportation." Während die illegalen Einwanderer rückkehren, aus Frankreich rückgeführt werden, heißt das für Donald Trump Deportation, ein Begriff, der in Europa, besonders unter Juden, einschlägige Assoziationen hervorruft. "Nach einem beruhigenden Treffen mit dem mexikanischen Präsidenten, hat der Republikaner sein repressives Arsenal gegen die Illegalen enthüllt."
Der Korrespondent setzt noch einmal nach mit der Deportation: Elf Millionen Illegale werden im Land vermutet: la déportation forcée d'environs six millions d'entre eux, verspreche er, die Deportation von sechs Millionen von ihnen.
Stattdessen äußert er wörtlich: "Under my Administration, anyone who illegally crosses the border will be detained until they are removed out of our country," Trump said. "Unter meiner Regierung werden alle, die illegal die Granze überqueren, inhaftiert, bis sie aus unserem Land entfernt worden sind," sagte Trump. Dies, und was Donald Trump sonst noch in Phoenix, Arizona, kurz nach seiner Rückkehr bzw. seiner Deportation aus Mexiko in einer langen, mit politisch aufgeladenen Themen bestückten Rede erklärt, liest man im Artikel von Matthew Boyle, Breitbart News, vom 31. August 2016: Donald Trump Throws Down in Phoenix: Champions 10-Step Immigration Reform Plan. Es gebe laut offiziellen Daten in den USA ca. zwei Millionen kriminelle Illegale:
But their days on the run will soon be over. They go out, and they go out fast. Moving forward, we will issue detainers for all illegal immigrants who are arrested for any crime whatsoever, and they will be placed into immediate removal proceedings. We will terminate the Obama Administration’s deadly non-enforcement policies that allow thousands of criminal aliens to freely roam our streets.
Der Begriff Deportation kommt nirgends vor. Ebenfalls kommt nicht vor, daß der mexikanische Präsident Enrique Peña Nieto, der beide Kandidaten eingeladen hat, nicht damit rechnete, daß Donald Trump als erster zusagt. Damit durchkreuzt er dessen Politik. "Zu Gast bei Feinden", betitelt die FAZ, am 1. September 2016, den Coup.
"Ende der vergangenen Woche hatte die mexikanische Regierung beide Präsidentschaftskandidaten eingeladen. Dem Vernehmen nach hatte Peña Nieto schlicht nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet Trump als Erster zusagt. 'Ich weiß nicht, wie Sie darauf gekommen sind, dass es eine gute Idee sein könnte, Donald Trump einzuladen', sagt der mexikanische Politik-Analyst Alejandro Hope."
Der mexikanische Präsident ist im Volk unbeliebt, und so erhoffte er Zuspruch durch die erwarteten milden Sprüche der Kandidatin Hillary Clinton, mit der das gewiß abgesprochen war: Wir lieben Euch alle, Ihr Mexikaner, ob in Mexiko oder als Illegale bei uns, in den USA! Von Donald Trump erwartete er bei Kentnis von dessen Ansichten nur Schelte oder gar, daß er die Einladung ausschlägt.
"Trump sah präsidial aus, und er erlangte zwei Schlüsselkonzessionen vom mexikanischen Präsidenten, nämlich die Notwendigkleit zur Neuverhandlung des North American Free Trade Agreement (NAFTA), und daß die USA das Recht haben, eine Mauer zu bauen,"weiß Breitbart.
Was immer Hillary Clinton bei ihrem Besuch in Mexiko sagen wird, es wird gegen die Demokraten ausgehen. Die Bürger der USA haben gehört, was Donald Trump an Tatsachen über die illegal im Lande befindlichen Einwanderer gesagt hat, und darauf folgt dann das Gesäusel der Hillary Clinton.
Zum Schluß noch eine Bemerkung zu der Infamie des Philippe Gélie, die Prozentzahl der von den Illegalen in den USA verübten Verbrechen betreffend. Donald Trump präsentiere sie als den Hauptgrund für die Kriminalität im Lande, dabei machten sie nur einen schwachen Prozentsatz aus im Vergleich zur Kriminalität der Gangs.
Nicht nur läßt er unberücksichtigt, daß in den USA zahlreiche Gangs aus eben den Illegalen bestehen, sondern er setzt auch die Kriminalität von Kreisen aus den elf Millionen Illegalen in Beziehung zur Gesamtzahl der Kriminalität in den USA, unter den knapp 325 Millionen Bürgern. Da machen sie in der Tat einen schwachen Prozentsatz aus.
Donald Trump aber setzt die Kriminalität von Illegalen im Lande in Beziehung zur Gesamtzahl der Illegalen, und darum verspricht er, sechs Millionen der elf aus dem Lande zu schaffen.
Philippe Gélie kann es nicht lassen. Il récidive, heißt das französisch.